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Offenes Atelier
Ja, mach nur einen Plan!
„Ja, mach nur einen Plan!” stammt aus Bertolt Brechts Dreigroschenoper und spiegelt die oft ironische Spannung zwischen Plänen und ihrer Umsetzung wieder. Brecht beschreibt in diesem Lied die Unwägbarkeiten, die trotz aller Planungen das Leben bestimmen. Auch im ATELIER HANS BROCKHAGE in Bermsgrün zeigt sich, dass aus einem ursprünglichen Vorhaben oft mehr wird, als man sich zunächst vorstellt – und wie wichtig es ist, offen für neue Möglichkeiten zu bleiben und Gelegenheiten zu nutzen.
Brecht und Brockhage teilen eine Denkweise, die stark von der Idee geprägt ist, Kunst und Handwerk als Werkzeuge zur Reflexion und Gestaltung der Gesellschaft zu nutzen. Während Brecht durch das epische Theater gesellschaftliche und politische Fragen in den Vordergrund stellte, nutzte Brockhage das Design und die Bildhauerei, um funktionale und ästhetische Grenzen zu hinterfragen.
Das Gründen und Be-gründen lag in Brockhages Natur. 1965 etablierte er den Lehrstuhl für Holzgestaltung an der Fachhochschule Schneeberg, heute Westsächsische Hochschule Zwickau, den er von 1977 bis 1992 als Professor leitete. Ab 1980 initiierte er das „1. Internationale Holzbildhauersymposium“, das bis 1985 auf dem hochgelegenen Plateau des Arbeiterheims in Bermsgrün (heute Hotel „Sonnenhotel Hoher Hahn“) stattfand und an dem zahlreiche internationale Künstlerinnen teilnahmen. 2003 folgte, in Zusammenarbeit mit der Stadt Schwarzenberg, die Auslobung des Kunstpreises „art figura“, mit dem Ziel, internationale Künstlerinnen nach Schwarzenberg zu holen und eine weitere kulturelle Grundlage in der Region des Erzgebirges zu schaffen. Diese Aktivitäten zeigen, dass für Brockhage das „Be-gründen“ von Kunst und Ideen genauso wichtig war wie das „Gründen“ von Institutionen und Projekten – ein kontinuierlicher Prozess des Nachdenkens, Mitgestaltens und des Dialogs mit seiner Umgebung.
Im Sommer 2024 nahm ein neues Projekt des ATELIER HANS BROCKHAGE Gestalt an: Sebastian Paul, Bildhauer und Absolvent der Burg Giebichenstein in Halle/Saale, berichtete dem Atelier, dass in Karlsruhe zwei Lithopressen samt Steinen und Druckmaterial abzuholen seien. Das Atelier entschied, diese Chance zu ergreifen und dem fast vergessenen Handwerk des Lithodrucks eine aktive Bleibe zu geben – in den Räumlichkeiten des Bauerngehöfts Dorfstraße 40 in Bermsgrün. Wie so oft bei solchen Vorhaben folgt eins auf das andere. Eine weitere historische Presse sowie dutzende von zusätzliche Lithografiesteine kamen hinzu. Doch was tun mit diesen Möglichkeiten, diesen Werkzeugen? Und da kommt die Liedzeile von Brechts „Ja, mach nur einen Plan…“ ins Spiel. Das Lithografiehandwerk, einst eine bedeutende industrielle Technik zur Vervielfältigung, ist heute nahezu verschwunden. Nur noch wenige Künstler*innen praktizieren es, und es droht, vollständig in Vergessenheit zu geraten. Doch wie Brecht es ausdrückt, bleibt die Herausforderung, das Unvorhersehbare zu nutzen und das Wertvolle zu bewahren.
Mit Sebastian Paul, Philipp König, Rose-Marie Güttler, Yonatan Banyan und Anna Franziska Schwarzbach haben sich fünf Künstler:innen zusammengefunden, die das traditionelle Lithografiehandwerk bewahren und weitergeben möchten. Philipp König erlernte dieses Handwerk während seines Bildhauereistudiums an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Dort ist die Druckgrafik bis heute ein fester Bestandteil des Grundlagenstudiums – eine Ausnahme, da die meisten Kunsthochschulen in Deutschland diesen Bereich längst aus ihren Curricula gestrichen haben. Umso wichtiger ist es, diese seltenen handwerklichen Fähigkeiten an anderen Orten zugänglich zu machen und lebendig zu halten.
Am 15. März werden die Künstler:innen in Bermsgrün Lithografiesteine drucken – sowohl solche, die von Künstlerinnen vorbereitet wurden, als auch Steine, die vor Ort von Kindern gestaltet werden können. Auf diese Weise wird ein fast vergessenes Handwerk nicht nur bewahrt, sondern auch einer neuen Generation zugänglich gemacht und erlebbar gemacht.
In Brechts Sinne zeigt sich dabei: Auch wenn Pläne sich verändern und wachsen, bleibt das Ziel, etwas Bleibendes zu schaffen, ungebrochen.
Das Atelier Hans Brockhage lädt ein, das Handwerk und die Kunst des Lithodrucks zu feiern – und den „Stein des Anstoßes“ in den ersten Zügen mitzuerleben.
15. März 2025
Veranstaltungsort
Atelier Hans Brockhage e.V. i.G.
Dorfstrasse 40
08340 Schwarzenberg OT Bermsgrün, Sachsen
Deutschland
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Beteiligte Künstler/innen
Sebastian Paul, Philipp König, Rose-Marie Güttler, Yonatan Banyan und Anna Franziska Schwarzbach
Ansprechpartner/in
Moritz Richard Schmidt
E-Mail: mail(at)moritzrichardschmidt.com
Telefon: 015234158703
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